Christiane Geiser

Raupe oder Nase hoch

12.12.2010

Eine Kollegin und ich übersetzen seit Monaten einen schwierigen Text  („A Process Model“) von Eugene Gendlin.
Wir pendeln immer zwischen zwei Übersetzungsmodi hin und her: Nase runter und sich wie eine Raupe durch die Sätze fressen, von links nach rechts und dann auf die neue Zeile und so immer weiter. Oder Nase hoch, ausatmen, einen Satz, einen ganzen Abschnitt anschauen, später dann ein ganzes Kapitel -und eine Gesamtschau wagen: Habe ich das alles wirklich verstanden? Machen diese Wörter oder Sequenzen im Ganzen Sinn? Ist das wirklich schon „Deutsch“, was da steht?
Und dann einatmen, die  Nase wieder runter und hinein in den Text.

Die hilfreichen Metaphern stammen von der letztens verstorbenen wunderbaren Dostojewskij-Übersetzerin Svetlana Geier. Sie hat alles im Kopf-Hoch-Modus übersetzt, sie kannte alle ihre „5 Elefanten“, die dicken Romane Dostojewkijs, auswendig.

Wer den Film oder die DVD über ihr Leben noch nicht kennt: unbedingt anschauen. Oder das Buch lesen: Svetlana Geier, Ein Leben zwischen den Sprachen, Pforte Verlag 2. Auflage 2009